(München, 11.11.2021) Das Quantum Applications & Research Laboratory (QAR-Lab) am Institut für Informatik der LMU treibt das Thema weiter voran, Quantencomputing aus der Forschung in die Anwendung zu bringen. Am 11. November 2021 markierte der „Kaminabend“ an der LMU den Auftakt zur zweiten Challenge „Quantum Computing Optimization“. Informatik Professorin Dr. Claudia Linnhoff-Popien eröffnete als Leiterin des QAR-Labs die Veranstaltung. In einem mehrmonatigen Projekt von LMU und den Wirtschaftspartnern E.ON, Bayer sowie Evonik werden Cases der Unternehmen auf drei Quantencomputern sowie einem quanteninspirierten Rechner ausgeführt. Die Rechneranzahl ist einzigartig, noch bedeutender dürfte in der Folge für die Beteiligten der große Erkenntnisgewinn über die Performanz der Maschinen und der Ausbau ihrer Expertise sein.
Das im Jahr 2016 gegründete QAR-Lab verfolgt das Ziel, Quantencomputing (QC) einem breiten Nutzerkreis in Forschung und Wirtschaft zugänglich zu machen. Wissenschaftler Jonas Stein vom QAR-Lab moderierte unter Begleitung seiner Kollegen Sebastian Zielinski und Michael Kölle den Abend. Die Industrie-Partner stellten ihre Use Cases vor, um verschiedene Optimierungsszenarien in den kommenden drei Monaten auf Quantencomputern ausführen zu lassen. Insgesamt nahmen 60 Personen an dem virtuellen Kick-Off teil.
Die Quantencomputing Experten der Unternehmen E.ON, Bayer und Evonik erläuterten den Informatik-Studenten ihre Aufgaben. Von November 2021 bis Februar 2022 werden drei Use Cases jeweils auf vier Quantencomputern programmiert, um herauszufinden, welcher Quantencomputer für das jeweilige Problem das optimalste Ergebnis liefert.
Top-Köpfe aus der Industrie sprachen über ihre die berechnenden Use Cases:
– Dr. Ulf Hengstmann von Bayer über „Supply Chain Optimization“
– Dr. Juan Bernabé-Moreno von E.ON über „Call Center Optimization“
– Dr. Thomas Asche von Evonik Industries über „General Purpose Optimizer“.
Die Industrievertreter erklärten im Einzelnen ihre Anwendungsbeispiele und gaben den Studierenden Einblicke in die Herausforderungen ihrer Branchen. Dr. Bernabé-Moreno von E.ON beschrieb den Weg des Energieanbieters in eine verbrauchergesteuerte Zukunft, Dr. Hengstmann gab Einblick in die Prozesse eines Pharma-Konzerns, Dr. Asche von Evonik erläuterte die Komplexität des Konzerns als sogenannter Enabler unterschiedlicher Industrieprodukte und welche Rolle Quantencomputing bei der Verbesserung der Produktherstellung spielen werde.
Die Wissenschaftler und Studierenden zeigten sich begeistert über die Möglichkeit, die Cases in den nächsten Monaten auf den Computern ausführen zu können. Claudia Linnhoff-Popien bedankte sich im Namen des QAR-Labs der LMU bei den Partnerfirmen und freute sich auf das gemeinsame Projekt. Sie bezeichnete die praxisnahen Anwendungen des Quantencomputings im QAR-Labs im Bereich der Informatik deutschlandweit als einzigartig. Auch die Zugriffskosten auf Quantencomputer seien eine hohe finanzielle Hürde und die Studierenden wüssten diese einmalige Möglichkeit zu schätzen. Sie sei stolz auf ihre Wissenschaftler und Studierenden. „In diesen Projekten arbeiten die Besten der Besten“, so Linnhoff.
Die Challenge dient der Förderung des Wissenschaft-Praxis-Transfers: Nach Abschluss werden die Ergebnisse im Februar 2022 den Industriepartnern intern vorgestellt.
Vier Lösungen für ein Problem: Challenge findet jeweils bestes Ergebnis
In der Challenge wird jedes Problem auf vier Rechnern mit zwei verschiedenen Rechner-Architekturen (Gate und Annealing Modell) programmiert und berechnet: damit erhält jedes Problem vier Lösungen. Am Ende werden die Leistungsfähigkeit der Rechner und die Qualität der Lösungen verglichen, um ein optimales Ergebnis zu erhalten. Dem QAR-Lab stehen derzeit dafür vier Rechner zur Verfügung: IBM Q System One, Rigetti Aspen-9, Fujitsu DAU, D-Wave Advantage.
Die Use Cases der Unternehmen fokussieren sich auf Optimierungsszenarien, etwa darauf, Arbeitsschichtpläne in Call Centern oder die Supply Chain eines Konzerns zu optimieren. Denn durch die zahlreichen Kombinationen kann die Berechnung einer optimalen Lieferstrecke z.B. schnell zu 100.000 Kombinationsmöglichkeiten führen. Für klassische Computer sind solche Aufgaben durch hintereinander ausgeführte Berechnungen zeitlich zu aufwändig und zu komplex. Quantencomputer werden diese Aufgaben aufgrund paralleler Rechenvorgänge künftig in einem Bruchteil der Zeit abarbeiten können.
QAR-Lab des Informatik-Lehrstuhls arbeitet seit Jahren praxisorientiert
Das QAR-Lab der LMU steht unter dem Motto „Become Quantum ready“ und bringt seit Jahren erste Use Cases von Unternehmen auf die Rechner der Zukunft.
Das QAR-Lab ist für Studierende der LMU eine einzigartige Anlaufstelle für praxisorientierte Veranstaltungen, in denen – über die Cloud – auf weltweit vier Quantencomputern gerechnet werden kann. Die universitäre Lehre ist seit 2018 darauf ausgerichtet, jenseits der reinen Theorie Quantencomputing praxisorientiert zu erproben.