Kaum eine andere Technologie schürt derzeit so große Erwartungen wie das Quantencomputing (QC). Mit den Eigenschaften der Quantenphysik und der daraus resultierenden enormen Rechenleistung können Quantencomputer unter anderem die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen beschleunigen, die Materialforschung revolutionieren oder Logistikketten optimieren.
Über die letzten Jahrzehnte konnte sich das Quantencomputing als neuartige Forschungsrichtung etablieren. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat es bei der Entwicklung von Quantenhardware große Fortschritte gegeben. Die Landschaft der verfügbaren Quanten- oder quanteninspirierten Computer entwickelt sich mit rasanter Geschwindigkeit hin zu einer vielfältigen Ansammlung von Systemen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Das Potential dieser Technologie ist zweifellos groß, weshalb auch immer mehr Unternehmen versuchen, zu den Innovatoren auf diesem Gebiet zu gehören. Ziel ist dabei, den sogenannten Quantenvorteil für das eigene Unternehmen wirtschaftlich nutzbar zu machen, um dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu erzielen. Dies ist besonders im Hinblick auf gesättigte Märkte in vielen Branchen und ein Überangebot an neuen, in den Markt drängenden Wettbewerbern, ein entscheidender Erfolgsfaktor. Durch neue, zukunftsweisende und innovative Technologien soll die Konkurrenz abgehängt werden. Quantentechnologien bietet hier ein vielversprechendes Sprungbrett. Aus diesem Grund beschäftigen viele große Unternehmen heute eigene Quantenexperten oder ganze Abteilungen, die sich mit dem Thema beschäftigen.
Doch wie begründet ist diese Euphorie und welche Vorteile kann die Quantentechnologie für Unternehmen in Zukunft bieten? Was können Unternehmen sowie Bildungseinrichtungen aktiv tun, um die nötigen Experten auszubilden, die es braucht, um für das Quantencomputing gewappnet zu sein? Und welche Kompetenzen sind überhaupt relevant? Ein aktuelles Stimmungsbild basierend auf einer Umfrage unter Experten lesen Sie im nachfolgenden Beitrag.
Dazu hat das QAR-Lab Bayern der Ludwig-Maximilians-Universität in München in Kooperation mit der Anaqor AG im Rahmen des BMWK geförderten Projekts PlanQK, Experten, die im Bereich Quantencomputing arbeiten, befragt.
Ziel der Studie war es, notwendige Kompetenzen, Werkzeuge und Prozesse bei der Entwicklung von Quantencomputing-Lösungen zu identifizieren, um einerseits ein grundsätzliches Verständnis dieser neuartigen Technologie zu schaffen, und andererseits sowohl die Wirtschaft als auch die Wissenschaft bestmöglich an das Quantencomputing heranzuführen.
Die Umfrage wurde im Zeitraum von Juni bis Oktober 2022 durchgeführt. Insgesamt nahmen 105 Experten aus dem Bereich Quantencomputing an der Studie teil. 44,0% der befragten Experten stammen aus dem Fachbereich Physik und 23,0% aus der Informatik (vgl. Abb.1). Somit kann eine Mehrheit von zwei Drittel der Befragten diesen beiden Gruppen zugeordnet werden. 31,0% der Teilnehmer arbeiten als Forscher am Themengebiet des Quantencomputings, 20,0% kommen in der Rolle als Manager damit in Kontakt und 15,0% bringen sich als Entwickler ein (vgl. Abb.2). In welchen Bereichen Quantencomputing zum Einsatz kommen und unterstützend sein kann, geben 68,6% der Experten an, dies einschätzen zu können (vgl. Abb.3). Hier sind es vor allem die Gruppe der Forscher, Manager und Entwickler, die Use Cases erkennen, die von Quantencomputing profitieren könnten. 61,9% der Experten geben an, die Potenziale und mögliche Quantencomputing-Algorithmen für Use Cases identifizieren zu können. Von diesen sind 23,0% Forscher, 11,0% Entwickler und 10,0% Manager. Im Bereich der Implementierung von Quantencomputing-Algorithmen sind es mit 41,9% bereits deutlich weniger, die angeben, Kenntnisse vorweisen zu können. Hier sind es mit 21,0% vor allem Forscher und mit 10,0% Entwickler, die Quantencomputing-Algorithmen auf NISQ (Noisy Intermediate-Scale Quantum) Rechnern programmieren. Lediglich 33,3% geben an, Use Cases auf Laufzeit und Güte evaluieren und die nötigen Hardware-Ressourcen abschätzen zu können, die zu einem Quantenvorteil führen könnten. Diese Ergebnisse zeigen unter anderem, dass unabhängig von der innehabenden Rolle im Unternehmen ein Verständnis vorhanden ist, welche praxisrelevanten Problemstellungen mittels Quantencomputing überhaupt gelöst werden können und in welchen Bereichen Quantencomputing zukünftig einen erheblichen Mehrwert beisteuern könnte. Gleichzeitig ist zu erkennen, dass Quantencomputing weiterhin ein Forschungsfeld ist, in dem Potenziale erkannt werden, es aber weiterhin herauszufinden gilt, wie weit Quantencomputer noch von praktischen/industriellen Anwendungen entfernt sind. Derzeit sind Quantencomputer zwar in der Lage, einfache und kleine Probleme zu lösen. Allerdings sind reale und relevante Probleme, aufgrund der Fehlerwahrscheinlichkeiten und beschränkten Ressourcen auf aktueller NISQ-Hardware, noch nicht lösbar.
Der Fachkräftemangel ist aktuell über nahezu alle Branchen hinweg deutlich spürbar. Für Unternehmen wird es dadurch immer schwieriger, ihre offenen Stellen nachzubesetzen. Besonders in Bereichen, die ein hohes Maß an Spezialwissen und Fachexpertise voraussetzen, ist es eine Herausforderung, entsprechende hochqualifizierte Fachkräfte zu finden. Das gilt auch für den Bereich der Quantentechnologien. Quantencomputing und Quantenforschung sind für Unternehmen noch junge Forschungsfelder und auch an den Universitäten hat der Hype um das Thema und angrenzende Themenbereiche erst vor wenigen Jahren vermehrt Einzug gehalten. Folglich ist die Anzahl der Experten auf diesem Gebiet aktuell noch eher gering. Doch wie viele Experten gibt es tatsächlich europaweit? Gemäß der befragten Experten schätzt über ein Viertel (25,7%) die Zahl der Quantenexperten in Europa zwischen 101 und 500 ein (vgl. Abb. 4). Mit Blick auf die innehabende Rolle der Befragten teilen hauptsächlich Forscher und Entwickler diese Ansicht. Wohingegen die Mehrheit der befragten Manager eine Menge zwischen Null und 100 für realistisch hält. Insgesamt schätzt rund die Hälfte (50,5%) der Befragten die Anzahl der Quantencomputing-Experten innerhalb Europas auf unter 1.000 ein. Wirft man einen Blick auf die unbesetzten Stellen in diesem Bereich und im Hinblick auf den steigenden Bedarf, zeigt sich hier ein großer Mangel an Quantenexperten. Dies bestätigen auch die befragten Studienteilnehmer: So plant über ein Drittel (37,1%) der Befragten die Einstellung von ein bis fünf neuen Quantencomputing-Fachkräften innerhalb der nächsten drei Jahre, um die bevorstehenden Herausforderungen bewältigen zu können (vgl. Abb. 5). Und immerhin 14,3% gedenken sogar mehr als 20 neue Quantencomputing-Fachkräfte einzustellen. Lediglich 6,7% planen überhaupt keine Personaleinstellungen in diesem Bereich innerhalb der nächsten drei Jahre.
Mit der zunehmenden Reife der Technologie und der Realisierung wirtschaftlicher Anwendungen wird der Bedarf nach Fachkräften voraussichtlich weiter steigen. Dabei ist es wichtig, bereits heute schon an die Aus- und Weiterbildung im Bereich Quantencomputing zu denken.
Quantencomputing befindet sich in der Grundlagenforschung und es liegt in der Zukunft, wann die Technologie nutzbringend anwendungsorientiert in der Industrie zum Einsatz kommt. Dennoch greifen bereits jetzt die unterschiedlichsten Institutionen, Unternehmen und Forschungseinrichtungen intensiv auf Quantenhardware zu, um Berechnungen mit neu entwickelten Quantencomputing-Algorithmen durchzuführen und zu testen. Die Teilnehmer der Studie wurden hinsichtlich des Monetarisierungsmodells befragt, welches sie für die Implementierung von Quantenlösungen am vielversprechendes halten. Dabei sind 33% der Ansicht, dass eine Flatrate für Codeaufrufe in einem vorgegebenen Zeitraum ein sinnvolles Modell darstellt (vgl. Abb. 6). Für die Rechnungsstellung pro ausgeführten Code entschieden sich 23% der befragten Experten. Hier sind es hauptsächlich die Forscher (9%) und Entwickler (6%), die dieses Monetarisierungsmodell für vielversprechend halten. 18% sehen im Kauf eines Kontingents von Calls ein gutes Modell, um Zugang zu Quantenrechnern zu erhalten. Hierbei waren es mit rund 8% vor allem Manager, die in ihrer Rolle mit Quantencomputing zu tun haben, die dieses Modell bevorzugen.
Mit Blick auf den Lösungsansatz, gaben über die Hälfte (52,4%) der befragten Experten an, dass sie den Fokus bei der Bearbeitung von QC-Use-Cases auf die Konzeption legen (vgl. Abb. 8). Wird in diesem Zusammenhang die innehabende Rolle im Unternehmen einbezogen, fokussiert sich die Mehrheit der Forscher und Entscheider beim Lösungsansatz auf die Konzeption, wohingegen die Mehrheit der befragten Manager ihren Fokus eher auf die Applikationen legt und eine leichte Mehrheit der Entwickler auf die Services. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Präferenzen der verschiedenen Berufsgruppen kann darin begründet liegen, dass etwa von Seiten der Forscher eher Wert auf die Entwicklung der zugrundeliegenden Theorien gelegt wird. Wohingegen die Manager und Entwickler an einer praktischen Umsetzung der Theorien und dem Nutzen dahinter interessiert sind.
In Bezug auf den geplanten Einsatz von Quantencomputing-Lösungen lässt sich festmachen, dass 36,2% der befragten Experten ihre Lösungen für das eigene Unternehmen entwickeln und nicht als Dienstleister für externe Dritte (vgl. Abb. 7).
Die Konzeptionierung und Implementierung neuer QC-Algorithmen stellt Anwender und Entwickler vor große Herausforderungen. Die Denkweise bei der Programmierung unterscheidet sich wesentlich von den Paradigmen und Konzepten der konventionellen Software- bzw. Algorithmen-Entwicklung. Entsprechende Werkzeuge können hier den Entwickler unterstützen. In Bezug auf die Studie sind vor allem sowohl Hilfsbiliotheken zur QC-Problemformulierung, als auch Hardware-agnostische Software Development Kits (SDKs) hervorzuheben. Ersteres wurde von 55,2% und letzteres von 47,6% der Befragten für wichtig bis sehr wichtig eingestuft (vgl. Abb. 9). Weniger interessant waren hingegen der NISQ-Analyzer zur Identifizierung geeigneter QC-Hardware für einen gegeben Algorithmus (32,4% wichtig bis sehr wichtig) und eine Automatisierte Parametersuche (30,5% wichtig bis sehr wichtig). Neben den aufgelisteten Werkzeugen der Studie wurden zudem weitere Hilfsmittel wie Benchmarking-Bibliotheken und Werkzeuge zur Fehlermitigation genannt.
Im Anschluss an die implementierten QC-Lösungen steht die Verarbeitung und Verwertung im Vordergrund. In Bezug auf die Studie sprechen sich 46,6% der Teilnehmer für eine umfangreiche Evaluierung des Skalierungsverhaltens der Implementierungen aus (wichtig bis sehr wichtig), während die Entwicklung eines Preismodells, die Einpassung der Implementierungen in operative Umgebung des Unternehmens oder die Wahl der Deploymentpartner eher zweitrangig ist. Hier stimmten die Befragten vergleichsweise jeweils nur mit 25,7%, 29,5% und 27,7% mit wichtig bis sehr wichtig ab (vgl. Abb. 10). Das lässt sich mitunter dadurch erklären, dass sich Quantencomputing noch in einem frühen Stadium befindet und die Berechnungen auf Quantenhardware noch nicht für relevante industrielle Problemgrößen anwendbar ist. Die Anzahl, die Qualität und die Konnektivität der Qubits aktueller Hardware reichen meist nicht aus, um besonders umfangreiche oder komplexe Aufgabenstellungen effektiv umsetzen zu können. Daher steht vor allem die Konzeption und das Skalierungsverhalten der Implementierung zum aktuellen Zeitpunkt im Vordergrund, bevor im Anschluss Preismodelle entwickelt oder das Deployment in die Produktivumgebung angegangen werden.
Die QC-Algorithmen-Erstellung erfordert einige mehr oder weniger notwendige Grundlagen und Kompetenzen. In der Studie wurden die Teilnehmer gebeten, sowohl die wesentlichen Kompetenzen nach ihrer Wichtigkeit einzustufen (vgl. Abb. 11), als auch ihre jeweilige eigene Expertise diesbezüglich einzuschätzen (vgl. Abb. 12). Interessanterweise spiegeln sich die Kompetenzen, die überwiegend als wichtig bis sehr wichtig eingestuft wurden, in der eigenen Einschätzung der Teilnehmer, die diesbezüglich schätzungsweise eine große bis sehr große Expertise aufweisen, wider. Besonders hervorgehoben wurden die Kenntnisse in Optimierungsverfahren (43,8%), das Verstehen wiss. Publikationen (41,9%), Basiskenntnisse in Linearer Algebra (40,0%) und der Quantenphysik (38,1%), sowie speziell Python-Programmierkenntnisse (42,8%). Entsprechend wurde die eigene Expertise in Bezug auf Optimierungsverfahren von 25,7%, das Verstehen wiss. Publikationen von 37,1%, Basiskenntnisse in linearer Algebra und der Quantenphysik von 30,4% und 26,7% und die Programmierkenntnisse von 31,4% der Teilnehmer als groß bis sehr groß angegeben.
Interessanterweise wurden Kompetenzen zur QC-Algorithmen-Entwicklung im Bereich Machine Learning (ML) und Simulation vergleichsweise niedriger eingeordnet. Nur 21,9% bzw. 25,7% der Teilnehmer stimmten für wichtig bis sehr wichtig ab. Auch die Einschätzung der eigenen Expertise ist diesbezüglich relativ gering. Nur 19,1% und 21,0% der Teilnehmer gaben an, in diesen Bereichen große bis sehr große Kompetenzen zu besitzen. Dieses Ergebnis ist dahingehend außergewöhnlich, da Machine Learning und (Quanten)-Simulation als eines der vielversprechendsten Anwendungs- und Forschungsfelder des Quantencomputings gehandelt werden, sich aber sowohl die Einschätzung der Studienteilnehmer als auch deren angegebene Expertise tendenziell davon abweichen. Dies kann teilweise mit dem jeweiligen Hintergrund und Berufsfeld der Teilnehmer begründet werden. Machine Learning und Simulationsalgorithmen sind selbst vergleichsweise neuartige und hochkomplexe Technologien und Forschungsfelder und werden meist nur in weiterführenden Studien gelehrt. Folglich zeigt das wiederum den Handlungsbedarf auf, dass nachkommende Fachkräfte in diesen Fachbereichen (ML und Simulation) geschult werden müssen, um eine Grundlage für die Kombination mit Quantencomputing zu bieten.
Im Nachfolgenden werden die Maßnahmen zur Förderung des Quantencomputings in Deutschland diskutiert. Die Teilnehmer der Studie sprachen sich vor allem für Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten (37,2%), Verbünde wie bspw. QUTAC (34,3%), aber auch den Zugriff auf QC-Hardware (40,0%) aus, um QC in Deutschland zu fördern. Insbesondere wurden sich auch Weiterbildungsmöglichkeiten in Form von Lern-Plattformen und programmiernahe Schulungen mit unterschiedlichen SDKs gewünscht. Vergleichsweise weniger wichtig bis sehr wichtig wurde der Zugriff auf QC-Applikationen as a Service (23,8%) angesehen (vgl. Abb. 13). Dies ist vermutlich ebenfalls auf den Reifegrad von QC-Hardware zurückzuführen, der zum aktuellen Zeitpunkt kaum einen Mehrwert für Geschäftsmodelle der Unternehmen bietet und daher zu einem späteren Zeitpunkt zum Tragen kommen wird. Trotzdem ist die frühzeitige Auseinandersetzung und Entwicklung von QC-Lösungen in Form von Services unabdingbar, um zukünftig softwareseitig im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
Im Wesentlichen zeigen die Ergebnisse aus Abb. 13 auf, wie wichtig der Wissensaustausch zwischen Industrie, Wissenschaft und Lehre ist. Mit Förderprojekten wie PlanQK, die unter anderem ein Ökosystem, eine Wissensplattform, aber auch einen niederschwelligen Zugang zu QC-Hardware bieten, wird das Thema Quantencomputing in Deutschland vorangetrieben und der Einstieg in diese neuartige Technologie vereinfacht.
Die Umsetzung von Algorithmen- und Use Case-Implementierungen auf aktueller QC-Hardware stellt die Entwickler und Anwender vor einige Herausforderungen. In Abb. 14 wurden verschiedene Hardware-Aspekte, die die Umsetzung beeinträchtigen können, durch die Studienteilnehmer entsprechend ihres Einflusses aufsteigend geordnet. Betrachtet man die ersten drei Platzierungen pro Hardware-Aspekt, sind vor allem die Kohärenzzeit, die Gatter-Genauigkeit und die Anzahl der Qubits hervorzuheben. Auslesefehler, die Hardware-Topologie und die Kommunikationslatenz sind bei der Umsetzung zweitrangig. Die Ergebnisse spiegeln den aktuellen Reifegrad der noch sehr rausch-anfälligen QC-Hardware und die damit einhergehenden Hürden bei der Umsetzung von relevanten QC-Lösungen wider. Da vor allem entsprechende Fehlerkorrekturalgorithmen selbst sehr ressourcenintensiv sind, sind besonders lange Kohärenzzeiten und eine hohe Gatter-Genauigkeit wünschenswert, um relevante und tiefe Quantenschaltkreise auf der NISQ-Hardware ausführen zu können und einen frühzeitigen Mehrwert bei der Algorithmen- und Use Case-Entwicklung zu erzielen. Andere Faktoren, wie die Kommunikationslatenz, die aufgrund der meist Cloud-betriebenen Quantencomputer auftritt, spielt momentan eine untergeordnete Rolle.
Quantencomputing ist eine sich rasch entwickelnde Technologie, die die Eigenschaften der Quantenmechanik nutzt, um komplexe Berechnungen durchzuführen, bei denen klassische Computer an ihre Grenzen stoßen. Aktuelle QC-Hardware ist jedoch noch immer sehr beschränkt in den Hardwareressourcen wie der Anzahl der Qubits und deren Konnektivität. Um schon jetzt einen Mehrwert für die Industrie zu schaffen, müssen die Hürden und Herausforderungen des QC angegangen werden. Neben geeigneter Hardware und Software braucht die anwendende Industrie auch kompetent ausgebildete Fachleute. Entsprechende Kompetenzen und auch softwareseitige Werkzeuge sind wesentlich, um den Anwender und Entwickler bei der Umsetzung von NISQ-Algorithmen zu unterstützen. Die durchgeführte QC-Expertenstudie soll helfen, die grundlegenden Handlungsbedarfe und Fähigkeiten zu identifizieren, um sowohl Wissenschaft und Wirtschaft gemeinschaftlich für die neuartige QC-Technologie vorzubereiten und voranzutreiben.
Die Experten der Studie sprechen sich vor allem für den Zugriff auf QC-Hardware und Zusammenschlüsse und Verbände, wie QUTAC, aus, um QC in Deutschland voranzubringen. Zweitrangig sind zum aktuellen Zeitpunkt hingegen QC-Applikationen as a Service, die zu einem späteren Zeitpunkt und fortgeschrittener Hardware-Reife relevant werden (vgl. Abb. 13). Dieses Ergebnis spiegelt sich ebenfalls in der Fokussierung der Experten wider. Die Mehrheit der Befragten befasst sich bei der Use Case- und Algorithmenentwicklung primär mit der Konzeptionierung (vgl. Abb. 8) und einer umfangreichen Evaluation des Skalierungsverhaltens entsprechender Algorithmen (vgl. Abb. 10) im Vergleich zu produktiv einsetzbaren Services und Applikationen. In Bezug auf Werkzeuge spricht sich ein Großteil der Befragten für ein Hardware-agnostisches SKD aus, um in der heterogenen QC-Hardware-Landschaft softwareseitig einheitliche Algorithmen entwickeln zu können und die Notwendigkeit unterschiedliche Programmiersprachen und SDKs aneignen zu müssen, zu umgehen. Auch Hilfsbibliotheken zur QC-Problemformulierung sind wünschenswert, um den Einstieg für fachfremdes Personal zu vereinfachen (vgl. Abb. 9). Abschließend sei erwähnt, dass die Schaffung umfangreicher Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für neue Fachkräfte unabdingbar ist, um dem Fachkräftemangel für die neuartige QC-Technologie entgegenzuwirken. Dies wird auch in Abb. 4 deutlich, bei der die Mehrheit der befragten Experten die Anzahl der QC-Fachkräfte mit entsprechender Expertise europaweit auf unter 500 schätzt.
Autoren:
Christoph Roch: Research Associate bei Department of Mobile and Distributed Systems at Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Munich
Christoph Roch is doing his PhD at the LMU Munich at the Chair of Mobile and Distributed Systems with a focus on optimization problems and their solvability by quantum computing. Additionally the computer scientist is a member of the Quantum Applications and Research Lab (QAR-Lab) and contributes his knowledge to various industrial projects, research and teaching.
David Niehaus: COO bei Anaqor, PlanQK
David Niehaus is the Co-Founder and COO of Anaqor as well as community manager of the PlanQK research project, which is a flagship initiative for the use of quantum computing in Germany and is supported by the Federal Ministry for Economic Affairs and Climate Action. Having completed a dual Master’s degree program in Berlin and Toulouse, David has gained experience working in various positions within the aviation industry across the US, France, Great Britain, and Germany. Prior to his role at Anaqor, he served as the Complexity Management Lead for Germany at consulting firm umlaut, where he successfully led several projects with clients from diverse industries to set up successful product development processes.
Angelika Debes: Research Associate bei Ludwig-Maximilian-University Munich
Angelika Debes completed her Master’s degree in Human Resource Management and has been working as a research assistant in the QAR Lab at the Chair of Mobile and Distributed Systems at LMU Munich since 2020.