(06.08.2021) Die Redaktion der Wirtschaftswoche hat im „Handelsblatt“ Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien als „Eine der 50 einflussreichsten Frauen der deutschen Tech-Branche“ auf Platz 6 ausgewählt.
Titelseite Handelsblatt vom 06.08.2021. © Handelsblatt
Die Inhaberin des Lehrstuhls für Mobile und Verteile Systeme lehrt und forscht an der LMU München. Dort leitet sie seit 2016 auch das Quantum Applications & Research Laboratory (kurz QAR-Lab), das derzeit weltweit als einzige Institution gilt, die auf insgesamt vier echten Quantencomputern arbeitet.
Die Informatikerin hatte im Jahr 2020 als Mitglied des Expertenrats für Quantencomputing die Bundesregierung in der gemeinsamen nationalen Strategie für Quantencomputing beraten. Im Ergebnis hatte das Expertengremium im Januar 2021 die „Roadmap Quantencomputing“ in Berlin übergeben. Linnhoff-Popien hatte wesentliche Erkenntnisse seitens der Informatik zur Anwendung des Quantencomputings beigesteuert.
Die Auszeichnung des Wirtschaftsblatts hat Claudia Linnhoff-Popien noch kurz vor ihrem Urlaub erreicht. Sie habe sich sehr gefreut und wolle sich in Deutschland weiter stark für den rechtzeitigen Einstieg der Unternehmen in das Quantencomputing einsetzen.
(09.08.2021) Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien spricht in einem Podcast darüber, wie Unternehmen in Deutschland der Einstieg in das Quantencomputing gelingen kann. Sie beleuchtet, wie Unternehmen einen frühen Quantenvorteil erreichen können und was die Zukunft des Quantencomputings verspricht. Das Podcast-Interview wurde auf Einladung von Bayern Innovativ geführt.
Vorschau des Podcasts anhören:
Auszug aus der Podcast-Folge:
Prof. Linnhoff-Popien: […] Wir schauen, dass wir den Firmen schnellstmöglich helfen, einen Quantenvorteil zu erzielen. Damit die Firma erstmal den Einstieg schafft, haben wir ein Vorgehen von sechs verschiedenen Levels, um eine Migration zu starten. Im Level 0 und 1 ist die Firma am überlegen, ob sie Quantencomputer nutzen will und sich damit beschäftigt. Auf Level 2 wird es interessant. Hier sprechen wir von einer Longlist – wir schauen gemeinsam mit der Firma typische Fälle an, die einen schnellen Einstieg in das Quantencomputing ermöglichen. […]
Gesamte Podcast-Folge kostenlos anhören:
(26.07.2021/München.) Nach einer dreimonatigen Programmier-Challenge des Quantum Applications & Research Labs (kurz QAR-Lab) mit fünf Use Cases namhafter Konzerne auf je vier Quantencomputern endet eine der bislang umfangreichsten europäischen Erprobungen der weltweiten existierenden Quantentechnologie.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien und ihrem Forscher-Team des QAR-Labs haben 27 Studierende reale Anwendungsfälle von den Unternehmen BASF, BMW, SAP, Siemens und Trumpf auf Quantencomputern berechnet. Jeder Use Case wurde auf vier Rechnern programmiert, um das jeweils optimale Ergebnis zu erzielen. Genutzt wurden die Rechner:
In der dreistündigen Abschlusspräsentation stellten die Teilnehmer ihre Ergebnisse vor, die sie in den 20 Konstellationen erhalten hatten. Die geschlossene Veranstaltung hatte 50 Teilnehmer.
Lehrstuhl-Inhaberin Claudia Linnhoff-Popien berichtete über die komplexen Rahmenbedingungen, die das QAR-Lab im Vorfeld zu lösen hatte, um den LMU-Studierenden die Nutzung verschiedener echter Quantencomputer zu ermöglichen. Mit Kosten von rund 41.000 Euro, einem langen juristischen Vorlauf sowie einer herausfordernden Einarbeitung seitens der wissenschaftlichen Betreuer in die Nutzung dieser Rechner sei dies das aufwändigste Praktikum in der Geschichte des Lehrstuhls gewesen. Linnhoff-Popien freute sich: „Niemand in Deutschland bietet Studenten solche Möglichkeiten, Quantencomputing zu erfahren. Wir sind weltweit ganz vorne dran – darauf bin ich sehr stolz.“
Das im Jahr 2016 gegründete QAR-Lab verfolgt das Ziel, Quantencomputing einem breiten Nutzerkreis in Forschung und Wirtschaft niedrigschwellig zugänglich zu machen. Es widmet sich fortlaufend neuen Projekten, die eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bilden.
Im Laufe des 12 Wochen langen Projekts „Quantum Computing Optimization Challenge“ gewannen die Forscher unterschiedliche Einsichten, wobei besonders Wert auf die Erkenntnisse zu Performanz, Rauschen und Nutzererfahrung im Zugriff auf die genutzte Quantencomputing-Hardware gelegt wurde. Es fand dabei ein detaillierter Vergleich der Ergebnisse in Abhängigkeit des Use Cases statt und es wurden Prognosen zur Entwicklung der jeweiligen Systeme erstellt. Mit den vier genutzten Rechnern wurde eine breite Abdeckung der aktuell verfügbaren Quanten-Hardware, sogar architekturübergreifend mit Gate-Modell- und Annealing-basierten Rechnern, erreicht.
Vorstellung von „Methoden und Lessons Learned“ während der Abschlussveranstaltung der QC-Challenge durch Sebastian Zielinski
Erste Erkenntnisse der Programmier-Challenge waren: Bereits heute können kleine Instanzen von realen Anwendungsfällen der Industrie mit Hilfe von Quantencomputern gelöst werden. Die Qualität der erhaltenen Lösungen ist dabei jedoch von zahlreichen Faktoren abhängig. Sämtliche Lösungsverfahren für Quantencomputer besitzen eine Vielzahl an Parametern, deren Einstellung großen Einfluss auf die Lösungsfindung hat. Das Auffinden der idealen Parameterwerte ist jedoch auf Grund fehlender Erfahrungswerte zeitaufwändig und kostenintensiv. Die Antwortzeiten unterliegen ebenfalls großen Schwankungen. Je nach Tageszeit variiert die Auslastung der Maschinen und damit die Antwortzeit der Quantencomputer. Bis man eine Antwort von einem Quantencomputer erhält, kann eine Zeitspanne im Bereich von wenigen Sekunden bis hin zu zahlreichen Stunden vergehen.
Durch fehlende Standardisierung im Hardwarezugriff mussten sich die verschiedenen Gruppen in die jeweils eigenen Software Development Kits (SDK) der verschiedenen Quantencomputer einarbeiten. Das hatte zur Folge, dass die an verschiedenen Stellen auftretenden Probleme individuell gelöst werden mussten. Die letzte Erkenntnis liefert einen Ausgangspunkt für eigene Grundlagenforschung im Bereich der Standardisierung von Zugriffstechnologien bzw. für Softwaretools, welche eine gewisse Komplexität beim Lösen von Use Cases mit Quantencomputern abstrahiert und somit den Lösungsfindungsprozess vereinfacht.
Experten des QAR-Labs zeigen sich optimistisch, dass die Wirtschaft in fünf bis zehn Jahren einen Quantenvorteil haben wird. Dann werden Quantencomputer Aufgaben lösen, die bei herkömmlichen Rechnern völlig unmöglich sind oder können dies immens schneller und für eine größere Komplexität.
Wenn in einigen Jahren die Quantentechnologie die nötige Leistungsfähigkeit hat, um reale Industrieprobleme zu lösen, stehen vom QAR-Lab entwickelte Werkzeuge und Algorithmen sowie praktische ausgebildete Experten schon bereit. Sie werden der Wirtschaft mit ihrem Know-how die sofortige Nutzung des Quantencomputings ermöglichen. Daneben leistet das QAR-Lab durch solch praxisrelevante Veranstaltungen einen immensen Beitrag in der Ausbildung zukünftiger Quantencomputing-Experten.
Dr. Thomas Gabor hat am 06.07.2021 erfolgreich seine Doktorarbeit über „Self-Adaptive Fitness in Evolutionary Processes“ verteidigt. Herzlichen Glückwunsch!!!
Die Informatikerin Claudia Linnhoff-Popien testet verschiedene Quantenrechner in einer „Challenge“, um sie für Anwendungen der Wirtschaft nutzbar zu machen.
Bei Ihrer Challenge geht es nicht darum, mit dem Einhandsegler in Rekordzeit um die Welt zu kommen oder mit dem Tourenwagen durch die Sahara. Es geht um klassische Optimierungsprobleme in Fertigung und Logistik. Und doch hat der Wettbewerb, der jetzt für Ihre Studierenden läuft, ein paar Besonderheiten. Worum geht es?
Linnhoff-Popien: Die „Quantum Computing Optimization Challenge“ soll in der Anwendungsdomäne Logistik und Produktion frühe Vorteile des Quantencomputings aufzeigen. Es wird immens viele Anwendungsgebiete für das Quantencomputing geben, wobei wir uns auf Anwendungen der Optimierung konzentrieren. Schon in fünf Jahren rechnen wir mit einem Quantenvorteil. Kurz zur Bedeutung: Ein Quantenvorteil entsteht, wenn Quantencomputer Aufgaben lösen, die herkömmliche Rechner gar nicht oder nur viel langsamer und für eine geringere Komplexität bewältigen können. Auf die Ära dieses Quantenvorteils bereiten wir schon heute unsere Informatikstudenten vor.
In der Challenge geht es darum, mit unseren fünf Wirtschaftspartnern BASF, BMW, SAP, Siemens und Trumpf je einen Use Case, ein praxisnahes Optimierungsproblem, jeweils auf vier der derzeit besten Quantencomputer umzusetzen. Die Studierenden und die wissenschaftlichen Mitarbeiter unseres QAR-Labs, von denen sie angeleitet werden, nutzen dafür den IBM Q System One, Rigetti Aspen-9, D-Wave Advantage und Fujitsu DAU.
Was für Aufgaben gibt es für die Studierenden zu bewältigen?
Linnhoff-Popien: In der Challenge kommen Anwendungen von unseren Wirtschaftspartnern vor. Wir betrachten zum Beispiel, in welcher Reihenfolge ein LKW seine Ware zu verschiedenen Adressaten fährt oder in welcher Reihenfolge im automatisierten Labor Reagenzgläser aus einem Ständer entnommen, beprobt und wieder zurückgestellt werden. In anderen Cases geht es um räumliche Strukturen, also darum, wo welches Objekt angeordnet werden soll. In welcher Kombination zum Beispiel kann ein Schwung verschiedener Testteile in Autos verbaut werden, so dass möglichst wenige Testläufe ausreichen. Für die Fabrik der Zukunft, in der es keine Bänder mehr geben soll, sondern Roboter, die Bauteile umherfahren, optimieren wir das Process Scheduling, berechnen also den bestmöglichen Ablauf notwendiger Bearbeitungsschritte.
Das alles könnte man aber auch mit normalen Rechnern machen?
Linnhoff-Popien: Ja, aber nur für kleine Settings. Betrachten wir als Beispiel der kombinatorischen Optimierung das sogenannte Gate Allocation Problem des Flughafens München. Für ein Terminal mit 250 Flugzeugen und 50 Gates braucht ein klassischer Rechner eine Nacht, um die Planung für den Folgetag zu optimieren. Es klingt simpel, das heißt mit einem klassischen Rechner kann man jede Kombination möglicher Zuordnungen von Flugzeugen zu Gates betrachten, bewerten und das Optimum bestimmen. Wir bekommen jedoch schnell eine Explosion des Zustandsraumes, sprich die Komplexität bringt einen klassischen Computer an Grenzen.
Sie sprechen kursorisch von Quantencomputern. Sie haben aber Zugriff auf ganz unterschiedliche Modelle.
Linnhoff-Popien: Ja, es gibt unterschiedliche Technologien. Betrachten wir das Quantum Annealing: Der typische Vertreter dieser Brückentechnologie, wie sie auch bezeichnet wird, ist das Modell von D-Wave Systems in Vancouver in Kanada. Um Optimierungsprobleme zu lösen, macht die Technik sich die Superposition zunutze, muss aber auf den absoluten Nullpunkt herunter gekühlt werden. Der Rechner ist wegen der aufwendigen Kühlung etwa so groß wie eine Garage.
Die japanische Firma Fujitsu nutzt demgegenüber einen Digital Annealer, dies ist kein eigentlicher Quantencomputer; er kommt ohne Kühlung aus.
Das Unternehmen selbst spricht von einem „digitalen Schaltungsdesign, das von Quantenphänomenen inspiriert wurde“. Wie weit sind Konzerne wie Google und IBM mit ihren Entwicklungen?
Linnhoff-Popien: Sogenannte Gate-Model-Rechner, wie sie von Google, IBM, Rigetti und anderen entwickelt werden, gelten ebenfalls als äußerst vielversprechende Technologie. Man muss aber sagen: Im Moment sind wir im Zeitalter der NISQ-Rechner, also der Noisy Intermediate-Scale Quantum-Technologie. Noisy bedetuet, wir haben ein Rauschen auf den Rechnern. Brauchen wir das beste Ergebnis, muss dieses Rauschen rausgerechnet werden. Wir brauchen letztendlich einen fehlerkorrigierenden Quantenrechner. Bis dieser entwickelt ist, wird es noch dauern. Da niemand vorhersehen kann, welche Entwicklungssprünge uns die Zukunft bringt, schauen wir uns die weltweit besten Quantencomputing-Technologien parallel an. Wie gesagt, wir haben derzeit Verträge für Rechner von D-Wave, Fujitsu, Rigetti und IBM.
Auch Vertreter der führenden Firmen sagen, die Rechner hätten bei dem heutigen Stand keine industrielle Relevanz.
Linnhoff-Popien: Das stimmt. Heute machen wir noch Aufgaben, die man mit einem klassischen Rechner genauso gut lösen kann.
Aber wir erbringen den Beweis, dass kleine Szenarien auf Quantencomputern gerechnet werden können. Die Leistungsfähigkeit der Quantumcomputer beschreiben wir unter anderem mit der Anzahl der Qubits. Qubits sind Zwei-Zustands-Quantensysteme. Durch Messung geht das System in einen Zustand über. Je mehr Qubits in einem Quantencomputer verknüpft sind, desto größer und komplexer können die Aufgaben sein, die er lösen kann. Der IBM Q System One in Ehningen arbeitet mit 27 Qubits, die IBM-Rechner in den USA – auf denen wir auch arbeiten – mit bis zu 65 Qubits. Es ist spannend, eigene Erfahrungen zu machen, zu sehen, was der jeweilige Rechner bereits kann und auch, was er noch nicht kann. In Auswertung der prognostizierten Rechnerentwicklung erwarten wir erste wirtschaftliche Ergebnisse des Quantencomputings in etwa fünf Jahren.
Aber immer nur für ganz bestimmte Spezialprobleme.
Linnhoff-Popien: Nicht unbedingt. Optimierungsprobleme sind die grundlegenden Fragestellungen der Logistik und der Industrie 4.0, der Fabrik der Zukunft.
Darüber hinaus macht das Finanzwesen Portfolio-Optimierung. In der Medizin und Pharmabranche gibt es Aufgabenstellungen der kombinatorischen Optimierung, welcher Impfstoff zum Beispiel bei der Mutation welches Virus am besten geeignet ist. Und die Energiewirtschaft braucht die Optimierung von Stromnetzen, die Künstliche Intelligenz hat zahlreiche Anwendungen. Unser ganzes Leben und Arbeiten beinhaltet branchenübergreifend undenkbar viele Optimierungsprobleme.
Auch wenn die Anwendungsmöglichkeiten, wie Sie sagen, breit sind: Wie realistisch ist es, dass der Quantencomputer irgendwann die herkömmlichen Rechner schlicht ersetzt?
Linnhoff-Popien: Wir gehen davon aus, dass Quantencomputer immer nur als Co-Prozessoren genutzt werden, als Ergänzung zu herkömmlichen Rechnern.
Sie haben vor Jahren schon ein spezielles Lab gegründet, das Quantencomputing von der Informatikseite, also sozusagen der Anwenderseite, erforscht und Unternehmen darin berät. Was ist da Ihre Strategie?
Linnhoff-Popien: Wir haben das QAR-Lab bereits im Jahr 2016 gegründet. QAR steht für Quantum Applications and Research. Damals kam ein DAX-Konzern auf uns zu und fragte, ob wir nicht eine bestimmte Problemstellung für ihn auf einem Quantum Annealer programmieren könnten. Zum damaligen Zeitpunkt gab es kaum Vorbilder, wir gehörten mit zu den ersten Informatikern weltweit, die dieses Thema erforscht haben. Nach anfänglicher Skepsis war ich völlig fasziniert.
Im Rahmen des Projektes PlanQK, das 2019 von der Bundesregierung zur Förderung von Quantencomputing ins Leben gerufen wurde, haben wir dann eine sehr solide Finanzierung zum Ausbau unserer Arbeiten bekommen und sind nun Partner des MQV, also des Munich Quantum Valleys.
Zwischenzeitlich ist Quantencomputing auch in der Wirtschaft angekommen. Konsortien wie das jüngst gegründete Quantum Technology and Application Consortium QUTAC, bei dem mehrheitlich DAX-Konzerne dabei sind, wird sich sehr fundiert mit den Chancen des Quantencomputings auseinandersetzen.
Was ist mit dem Mittelstand?
Linnhoff-Popien: Quantencomputing ist natürlich erst einmal ein Investment für eine Firma, noch hat es keinen Mehrwert. Daher sind es derzeit vor allem die Großen, die sich das leisten. Sukzessive erkennen aber auch Firmen aus dem Mittelstand die Chancen.
Was können Sie den Firmen denn jetzt schon bieten?
Linnhoff-Popien: Wir unterstützen Firmen dabei, den schnellstmöglich umsetzbaren Weg zu einem Quantenvorteil zu finden. Dabei schauen wir zunächst, wo eine Firma steht. Hierzu klassifiziert das QAR-Lab Firmen nach sechs verschiedenen Levels.
Auf Level 0 und 1 vermitteln wir zunächst das Fachwissen über vorteilhafte Anwendungsgebiete. Auf Level 2 ist das Ziel, eine Long List von Use Cases für das Quantencomputing zu erstellen, und auf Level 3, Use Cases zu bewerten und den erfolgversprechendsten Use Case zu identifizieren. Auf Level 4 unterstützen wir eine Firma dabei, einen Use Case auf mehreren Quantencomputern auszuführen und auf Level 5 erstellen wir eine Hochrechnung für den Bedarf an Qubits, die nötig sind, um einen Quantenvorteil zu erzielen.
Insbesondere ist es für uns sehr spannend, die Programme für unterschiedliche Quantencomputer zu schreiben, auszuführen und zu sehen, was auf welchem Quantencomputer wirklich möglich ist.
Sie waren 2020 und 2021 Mitglied im Expertenrat Quantencomputing der Bundesregierung und haben an der Roadmap für das Quantencomputing in Deutschland mitgewirkt. Welche Strategie verfolgen Sie da?
Linnhoff-Popien: Ursprünglich hat der Bund zwei Milliarden Euro für den Bau eines oder mehrerer Quantencomputer bereitgestellt. Es gibt exzellente Grundlagenforschung und einzelne Module in Deutschland. Aber ich kenne aktuell keinen Rechner in ganz Europa, der von der Größenordnung bereits, sagen wir mal 50 Qubits beim Gate Model, mit den international existierenden Rechnern mithalten kann. Als Informatikerin habe ich mich im Expertenrat dafür sehr stark gemacht, dass die Mittel nicht nur für den Bau von Quantenrechnern eingesetzt werden, sondern heute schon für Algorithmen, Software und Anwendungen auf weltweit verfügbaren Quantencomputern. Nur so können wir die deutsche Wirtschaft optimal auf das Zeitalter des Quantencomputings vorbereiten, das gerade begonnen hat.
Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien ist Inhaberin des Lehrstuhls für Mobile und Verteilte Systeme am Institut für Informatik der LMU. Ihr Lehrstuhl hat das QAR-Lab aufgebaut, das Ansätze des Quantencomputings vonseiten der Informatik erforscht.
Am 21. Juni 2021 wurde Prof. Linnhoff-Popien von SheQuantum-Gründerin Nithyasri Srivathsan interviewt. Die Gründerin leistet mit ihrem Startup Pionierarbeit bei der Ausbildung im Quantencomputing und baut Barrieren ab, um weltweit mehr Frauen für das Quantencomputing zu begeistern. Einen Auszug aus dem Interview finden Sie unten. Das ganze Interview können Sie zudem hier (auf Englisch) lesen.
Frage von Nithyasri @SheQuantum:
„What is your take on the women representation in the field of QC? Are there enough women involved in quantum research?“
Antwort von Prof. Linnhoff-Popien, LMU:
„At the Ludwig-Maximilians-University Munich (LMU), we have been organizing the large-scale internship “Quantum Computing Optimization Challenge” for students since April 2021. The proportion of women there is 37 percent. However we still see that the proportion is lower among the scientists who are doing their PhD in this field at LMU.“
Frage von Nithyasri @SheQuantum:
„What is your one advice to young women who are enthusiastic about pursuing a career in quantum?“
Antwort von Prof. Linnhoff-Popien, LMU:
„You just have to like what you do and just do it. You need the right supervisor, the right lab – and then let’s do it! If a woman is interested in new topics in computer science, quantum computing is an excellent research area. Find an institute that you personally like. And network with like-minded people in forums, at conferences. Share your research results, learn from each other. Have confidence in your accomplishments and very important: make your work visible.“
(München/Stuttgart, 01.06.2021) Die LMU München hat sich jüngst die Nutzung des Quantencomputers von IBM in Deutschland vertraglich gesichert. Die Forscher des Informatik-Lehrstuhls Mobile und Verteilte Systeme können damit ab 1. Juni 2021 den Quantencomputer „IBM Quantum System One“ nutzen. Die Rechnerkapazität wird über die Fraunhofer-Gesellschaft vermittelt und soll Forschungsinstituten und der Industrie zur Verfügung stehen. Er wurde am 15. Juni 2021 unter Teilnahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Forschungsministerin Anja Karliczek und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in Ehningen eingeweiht.
Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien, Inhaberin des Lehrstuhls für Mobile und Verteilte Systeme am Institut für Informatik der LMU und ihr Forschungsteam im Bereich Quantencomputing setzen erste reale Anwendungsfälle von Unternehmen um und führen verschiedene Algorithmen aus, um die geeignetste Performance der jeweiligen QC Hardware zu testen und um die Use Cases mit Quantencomputern zu lösen.
Der IBM Q System One reiht sich in die Liga der Quantencomputer ein, auf denen das Forschungsteam der LMU arbeitet, und nutzt 27 QuBits zum parallelen Rechnen. Den Wissenschaftlern stehen für Programmieraufgaben zusätzlich bis zu 65 QuBits in den USA zur Verfügung, wo sie via Cloud auf weitere Rechner zugreifen.
Der Q System One wird derzeit neben drei weiteren Rechnern im Rahmen eines Quanten Computing Coding Praktikums getestet. Nach Ende des Programmierpraktikums „Quantum Computing Optimization Challenge“, an dem vier DAX-Konzerne und 27 Studenten beteiligt sind, werden im Sommer erste Ergebnisse erwartet und im Herbst 2021 veröffentlicht.
Die Nutzung des IBM Quantencomputers in Deutschland läuft in Kooperation mit dem europaweiten Leuchtturm-Projekt PlanQK, bei dem die LMU Mitglied ist. Das Projekt entwickelt eine Plattform und ein Ökosystem für Quantenunterstützte Künstliche Intelligenz. Das PlanQK-Konsortium setzt sich aus 19 Partnern aus Industrie und Forschung zusammen. Einer davon ist der Lehrstuhl für Mobile und Verteilte Systeme der LMU, der bereits zahlreiche Industrieprojekte zu Quantencomputing und KI durchgeführt hat.
Im PlanQK Projekt sollen Nutzer auf einen Quanten-AppStore zugreifen können, Entwickler auf einfache Weise Quantum-Plattformen nutzen und Spezialisten Konzepte bereitstellen, die Quantum Computing einfach zugänglich machen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist Förderer von PlanQK und hat im Mai 2021 im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets der Bundesregierung auch die Unterstützung des Projekts finanziell erweitert, um weitere Anwendungsfälle des Quantencomputings in der Wirtschaft zu ermöglichen. Dadurch sollen auch einfache Zugangsmöglichkeiten zu Expertise und Algorithmen v.a. für KMU geschaffen werden.
(26. Mai 2021, Berlin). Aufbruchsstimmung: Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, Vorreiter im Zukunftsfeld der Quantentechnologien zu werden. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung der Quantentechnologien mit zwei Milliarden Euro aus dem Konjunktur- und Zukunftspaket. Informatik-Professorin Dr. Claudia Linnhoff-Popien war in 2020/2021 Mitglied im Expertenrat Quantencomputing der Bundesregierung und kennt den Stand der Forschung sowie der bereits möglichen praktischen Anwendungen bestens.
An ihrem Lehrstuhl für Mobile und Verteilte Systeme am Institut für Informatik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München wird unter ihrer Leitung bereits seit 2016 im Quantum Applications & Research Laboratory (QAR-Lab) geforscht und programmiert.
Auf der Bitkom-Konferenz „Quantum Summit“ sprach Claudia Linnhoff-Popien am 26. Mai über die Entwicklungen in Deutschland und gab einen Ausblick über die Zielsetzung an ihrem Lehrstuhl:
„Ich freue mich sehr, die anwendungsorientierte Seite des Quantum Computing zu unterstützen. Deutschland ist aus meiner Sicht sehr stark in der Anwenderindustrie. Wir sind Weltmeister in der Automobilindustrie, im Maschinenbau und in anderen Bereichen. Wir haben eine starke Anwenderindustrie auf der einen Seite und auf der anderen Seite haben wir die bahnbrechenden Möglichkeiten des Quantencomputings. Und diese beiden Seiten wachsen jetzt zusammen. Wir müssen uns in Deutschland auf zwei Ziele fokussieren: Einerseits sollten wir ein oder zwei Quantencomputer bauen. Und andererseits müssen wir Anwendungen programmieren, die auf Quantencomputern, den akutell verfügbaren NISQ-Computern, laufen. Mein persönliches Ziel ist es, dass wir uns jetzt auf das Zeitalter des Quantencomputings vorbereiten um in vier bis sieben Jahren einen Quantenvorteil zu erzielen.“
Auf dem prominent besetzten „Quantum Summit“ Panel sprachen als weitere Vertreter:
Die Sprecher äußerten unterschiedliche Wünsche über das Tempo der Entwicklungen in Deutschland und waren sich über einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zur Technologie einig. Alle Beteiligten zeigten sich begeistert vom Quantencomputing als entscheidende Zukunftstechnologie. Die Konferenz widmete sich zwei Tage lang ausschließlich dem Themen Quantentechnologien und verdeutlicht, wie nach jahrelanger Forschung das Thema in der Industrie angekommen ist.
In Deutschland gibt es viele koexistierende Initiativen in Forschung und Wirtschaft, die exzellentes Know-How über Quantencomputing haben und das Wissen immer mehr in Anwendungen einbringen. Am Institut für Informatik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München wird seit 2016 im QAR-Lab geforscht und programmiert. Das Wissen aus jahrelanger Forschung fließt in Betrachtungen realer Use Cases mit Industriepartnern, um erste Anwendungsfälle auf den Rechnern zu programmieren. Das QAR-Lab hat Zugriff auf vier Quantencomputer. Unter dem Motto „Become Quantum ready“ haben es sich die Experten zum Ziel gesetzt, möglichst viele Anwender aus Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich Quantencomputing mit ihrer Expertise zu unterstützen.
Claudia Linnhoff-Popien sagte abschließend, sie sei sehr stolz auf das PlanQK Projekt und darauf, dass das QAR-Lab zu den Top-Forschungseinrichtungen der Welt zähle. „Außerdem veranstalten wir am Lehrstuhl bis Juli eine Challenge mit vier Industrieunternehmen und 27 Studenten, die Anwendungsfälle auf verschiedenen Quantencomputern programmieren. Ich denke, wir haben seit vielen Jahren bereits einen guten Job gemacht und eine gute Ausgangsposition für die Zukunft.“
Mehr dazu: Quantum Summit 2021
(19. Mai 2021, New York) Quantentechnologien sind in der Geschäftswelt angekommen. Das verdeutlichten die Panel-Vorträge hochkarätiger Wissenschaftler und Industrieanwender auf der internationalen Konferenz „Inside Quantum Technology“ IQT in New York. Diese hatte die Informatik-Professorin Claudia Linnhoff-Popien zu einem Vortrag über Förderstrategien aus deutscher Sicht eingeladen. Insgesamt stellten über 90 hochkarätige Quantentechnologie-Experten aus der ganzen Welt vier Tage lang neueste Forschungsergebnisse und Industrie-Trends vor. Die virtuelle Konferenz wurde vom 17. bis 20. Mai 2021 an registrierte Zuschauer weltweit übertragen.
Am 19. Mai erläuterte Linnhoff-Popien im international besetzten Panel „How can national programs boost post-Corona quantum innovation?“ die Erkenntnisse und die Herangehensweise des deutschen Expertenrats. Sie veranschaulichte die bereits existierenden Anwendungsmöglichkeiten im Bereich Quantencomputing seitens Software und Programmierung.
Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien, Leiterin des Lehrstuhls „Mobile und Verteilte Systeme“ am Institut für Informatik der LMU München, ist Mitglied im Expertenrat Quantencomputing der deutschen Bundesregierung. Die Bundesregierung hatte im Sommer 2020 ein 16-köpfiges Expertengremium aus Wirtschaft und Wissenschaft beauftragt, eine Strategie und Handlungsempfehlungen für das zukünftige Vorgehen zu erarbeiten. Im Januar 2021 hatte das Gremium als Ergebnis die „Roadmap Quantencomputing“ an die Bundesregierung übergeben, die ihre Anwendung in jüngsten Förderprogrammen findet. Linnhoff-Popien hatte wesentliche Erkenntnisse zur Anwendung des Quantencomputings seitens der IT beigesteuert und in der Roadmap beschrieben.
In dem Panel-Vortrag über die Strategien der vier Länder Niederlande, Frankreich, USA und Deutschland erläuterten neben Linnhoffs Darstellung der Quantencomputing-Strategie in Deutschland die Vertreter aus Frankreich, den Niederlanden und USA den Status Quo in ihren Ländern. Die Sprecher neben Claudia Linnhoff-Popien waren:
Die US-Konferenz umfasste alle Aspekte in den Bereichen Quantencomputing-Hardware und -Software, Quantennetzwerke, Quanten-Sensorik und Quanten-Kryptographie. Sie hat zum Ziel, den Experten aus allen Branchen die neuesten Anwendungen vorzustellen und internationales Wissen zu bündeln.
(18.05.2021) Quantencomputer können Aufgaben lösen, die für herkömmliche Rechner völlig unmöglich sind. Sie können dies immens schneller und für eine weitaus größere Komplexität. Wann ist es für ein Unternehmen soweit und wie erreicht man einen Quantenvorteil in der Praxis? Darüber sprach Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien, Leiterin des QAR-Labs am Institut für Informatik der LMU, am 18. Mai vor Interessierten aus Wirtschaft und Industrie.
Bayern Innovativ hatte Frau Prof. Linnhoff-Popien zu einem Vortrag im Rahmen eines Webinars und anschließender Fragerunde beim Cluster Mechatronik & Automation eingeladen. Das Tochterunternehmen des Bayerischen Wirtschaftsministeriums forciert das Thema Quantentechnologie mit dem Ziel, Interessierte zu vernetzen und an der Schaffung eines Quanten-Ökosystems mitzuwirken.
Das QAR-Lab arbeitet seit mehreren Jahren auf Quantencomputern weltweit an ersten praktischen Use Cases. Prof. Linnhoff-Popien stellte einige Beispiele im Webinar vor und gab den Teilnehmern Hinweise, wie sie einen solchen Quantenvorteil in ihrer Unternehmenspraxis nutzen können.
Zunächst erläuterte sie das Gate Allocation Problem eines Flughafens, das auf verschiedenen Quantenrechnern ausgeführt wurde und für das prognostiziert wurde, in welchem Jahr die Quantencomputer soweit entwickelt sind, dass ein Quantenvorteil entsteht.
Im Anschluss stellte Prof. Linnhoff-Popien Use Cases für Optimierungsprobleme aus verschiedenen Branchen vor, die ein Gefühl vermitteln sollten, wo Quantencomputer besonders gut einsetzbar sind. Diese Use Cases dienten dazu, eine Anregung zu geben, wie Unternehmen in ihrem Betrieb Anwendungsfälle für diese neue Technologie identifizieren können.
Am Schluss zeigte sie dem Publikum auf, welche Hardware es weltweit in welchem Entwicklungsstadium gibt und wie den Firmen am besten der Einstieg in diese neue Rechentechnik gelingen könnte. Dafür wurden verschiedene Aspekte der Nutzung diskutiert.
In einer halbstündigen Diskussionsrunde stellten einige der rund 70 Teilnehmer ihre Fragen zum Thema.
Im Oktober ist ein weiteres Webinar zum Thema Quantencomputing vor Industrieanwendern mit Frau Prof. Linnhoff-Popien geplant.